ALLEZ BOUAKÉ!

Städtepartnerschaft:
Austausch ist nicht gleich Austausch

Welchen Sinn macht eine Partnerschaft zwischen Kommunen, die Tausende von Kilometern voneinander entfernt liegen? Mehr als 60 Gemeinden aus Deutschland haben Partnerstädte in Afrika. Zu den ältesten Beziehungen gehört die zwischen Reutlingen und Bouaké in der Elfenbeinküste.
  • Copyright: Bernhard Riedmann

    Computer besitzen in Bouaké die wenigsten Familien. Internetcafés sind teuer, nur in der Schule können die Jugendlichen für wenig Geld ins Internet gehen, seitdem der Reutlinger Jugendgemeinderat zwei Schulen in Bouaké durch einen Spendenlauf Computerräume finanziert hat. (Foto: Bernhard Riedmann)

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    Seitdem tauschen sich die Schüler der Deutschclubs per E-Mail und Facebook mit Jugendlichen ihrer Partnerschulen aus. Und auch die Sekretärinnen können Computer für ihre Arbeit gut gebrauchen. (Foto: Bernhard Riedmann)

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    Kurz nachdem die beiden Bürgermeister in Bouaké die Partnerschaftsurkunde unterzeichnet hatten, benannte Bouaké eine Straße in Avenue Reutlingen. Die Reutlinger hingegen warten noch immer auf eine Straße oder einen Platz, der ihrer Partnerstadt gewidmet ist. (Foto: Bernhard Riedmann)

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    Reutlingen spendete seiner Partnerstadt ein Kulturzentrum, das seitdem als Treffpunkt und Veranstaltungsort für Konzerte und Theateraufführungen dient. (Foto: Bernhard Riedmann)

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    Als Margret Grimm, ehemalige Stadträtin in Reutlingen 1985 zum ersten Mal in Bouaké war, fand sie eine Stadt mit nur einem Krankenhaus mit 230 Betten vor. Sie beschloss, mit Spenden den Aufbau von Kranken- und Entbindungsstationen wie dieser hier zu unterstützen. (Foto: Bernhard Riedmann)

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    Fünf Einrichtungen sind seitdem in Bouaké entstanden. Dank der Initiative privater Spender beteiligten sich auch das Land Baden-Württemberg und das Deutsche Rote Kreuz an der Finanzierung. (Foto: Bernhard Riedmann)

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    Die Tafel über dem Eingang der Krankenstation erinnert an Margret Grimm, die 2010 bei der Sanierung und der Erneuerung der Ausstattung half. (Foto: Bernhard Riedmann)

Wenn deutsche Stadtverwaltungen mit Kommunen in Entwicklungsländern verbandelt sind, schicken sie schon gerne einmal ein ausgedientes Müllauto oder ein gebrauchtes Röntgengerät auf die weite Reise nach Afrika oder Südamerika. Ein reger Austausch, wie häufig üblich zwischen europäischen Gemeinden, ist zwischen den ungleichen Partnern kaum möglich. Zu groß sind die Entfernungen, aber auch die wirtschaftlichen und kulturellen Unterschiede.

Die schwäbische Stadt Reutlingen fällt da ein wenig aus der Reihe. Mit ihrer seit nunmehr 45 Jahren verbundenen Partnerstadt Bouaké in der Elfenbeinküste pflegt sie einen regen Austausch auf vielen Ebenen. Initiiert hatte die Partnerschaft ein Holzunternehmer, der in den sechziger Jahren gut mit dem Handel von Tropenholz verdiente. Die Partnerschaft ist bis heute die einzige zwischen einer deutschen und einer ivorischen Kommune geblieben. In der 1970 unterschriebenen Urkunde heißt es, beide Städte wollten „trotz der großen Entfernung die Voraussetzungen schaffen, sich kennen und achten lernen“.

Davon merkte man zunächst nicht viel. Bis auf einen Schüleraustausch und seltene gegenseitige Besuche der Verwaltungsspitze waren die Bande zwischen Reutlingen und Bouaké am Anfang eher locker geknüpft. Erst vor zehn Jahren kam Leben in die Bude. Seitdem besuchen regelmäßig Deutschlehrer und Schüler aus Bouaké die schwäbische Stadt und Schulen beider Städte haben Kooperationen geschlossen.

Ulrich Held von der „Servicestelle Kommunen in der Einen Welt“ unterstützt solche Partnerschaften. „Einige kommunale Akteure sehen den Zusammenhang zwischen unserem Wohlstand und der Not in diesen Ländern. Sie wollen deshalb Verantwortung übernehmen und mithelfen, globale Probleme zu lösen.“ Deshalb sind viele Partner nicht mehr nur Geldgeber. Da werden Erfahrungen beispielsweise bei Fragen der Abfall- oder Wasserwirtschaft weitergegeben, oder Knowhow zur Verfügung gestellt, wie vor einigen Jahren beim Bau eines Regenwasserrückhaltebeckens in Afrika.

Dahinter steht der Gedanke, dass Kommunen weltweit die gleichen Probleme zu lösen haben und deutsche Fachleute durch die Weitergabe von Wissen zur Entwicklung in den Partnerstädten beitragen können. Zum Beispiel bei der Verkehrsplanung oder dem Aufbau einer medizinischen Versorgung.

Oft wirken die Partnerschaften aber wie Einbahnstraßen: Hier die Geldgeber und Spezialisten, dort die Beschenkten oder Belehrten. „Wir könnten den Deutschen auch etwas beibringen“, sagt Ange Frédéric Dodohoré, Lehrer aus Bouaké, der schon zweimal nach Reutlingen eingeladen wurde und sich wundert, warum noch nie ein deutscher Lehrer aus der Partnerstadt nach Bouaké gekommen ist.