Wenn deutsche Stadtverwaltungen mit Kommunen in Entwicklungsländern verbandelt sind, schicken sie schon gerne einmal ein ausgedientes Müllauto oder ein gebrauchtes Röntgengerät auf die weite Reise nach Afrika oder Südamerika. Ein reger Austausch, wie häufig üblich zwischen europäischen Gemeinden, ist zwischen den ungleichen Partnern kaum möglich. Zu groß sind die Entfernungen, aber auch die wirtschaftlichen und kulturellen Unterschiede.
Die schwäbische Stadt Reutlingen fällt da ein wenig aus der Reihe. Mit ihrer seit nunmehr 45 Jahren verbundenen Partnerstadt Bouaké in der Elfenbeinküste pflegt sie einen regen Austausch auf vielen Ebenen. Initiiert hatte die Partnerschaft ein Holzunternehmer, der in den sechziger Jahren gut mit dem Handel von Tropenholz verdiente. Die Partnerschaft ist bis heute die einzige zwischen einer deutschen und einer ivorischen Kommune geblieben. In der 1970 unterschriebenen Urkunde heißt es, beide Städte wollten „trotz der großen Entfernung die Voraussetzungen schaffen, sich kennen und achten lernen“.
Davon merkte man zunächst nicht viel. Bis auf einen Schüleraustausch und seltene gegenseitige Besuche der Verwaltungsspitze waren die Bande zwischen Reutlingen und Bouaké am Anfang eher locker geknüpft. Erst vor zehn Jahren kam Leben in die Bude. Seitdem besuchen regelmäßig Deutschlehrer und Schüler aus Bouaké die schwäbische Stadt und Schulen beider Städte haben Kooperationen geschlossen.
Ulrich Held von der „Servicestelle Kommunen in der Einen Welt“ unterstützt solche Partnerschaften. „Einige kommunale Akteure sehen den Zusammenhang zwischen unserem Wohlstand und der Not in diesen Ländern. Sie wollen deshalb Verantwortung übernehmen und mithelfen, globale Probleme zu lösen.“ Deshalb sind viele Partner nicht mehr nur Geldgeber. Da werden Erfahrungen beispielsweise bei Fragen der Abfall- oder Wasserwirtschaft weitergegeben, oder Knowhow zur Verfügung gestellt, wie vor einigen Jahren beim Bau eines Regenwasserrückhaltebeckens in Afrika.
Dahinter steht der Gedanke, dass Kommunen weltweit die gleichen Probleme zu lösen haben und deutsche Fachleute durch die Weitergabe von Wissen zur Entwicklung in den Partnerstädten beitragen können. Zum Beispiel bei der Verkehrsplanung oder dem Aufbau einer medizinischen Versorgung.
Oft wirken die Partnerschaften aber wie Einbahnstraßen: Hier die Geldgeber und Spezialisten, dort die Beschenkten oder Belehrten. „Wir könnten den Deutschen auch etwas beibringen“, sagt Ange Frédéric Dodohoré, Lehrer aus Bouaké, der schon zweimal nach Reutlingen eingeladen wurde und sich wundert, warum noch nie ein deutscher Lehrer aus der Partnerstadt nach Bouaké gekommen ist.