République de Côte d’Ivoire

Jahrzehntelang galt die Elfenbeinküste als wirtschaftliches Vorbild Westafrikas. Kakao brachte Wohlstand. Doch der Bürgerkrieg von 2002 bis 2007 und eine blutige Regierungskrise bremsten die Entwicklung. Seit Ende des Konflikts stabilisiert sich die Lage im Land nur langsam.

Gesellschaft

22,6 Millionen Menschen leben in der Elfenbeinküste. Die Bevölkerungszahl hat sich in den letzten 30 Jahren mehr als verdoppelt. Rund ein Viertel der Bevölkerung sind Einwanderer, vor allem Arbeitsmigranten aus den Nachbarstaaten Burkina Faso, Guinea und Mali. Die Gesellschaft ist unterteilt in über 60 ethnische Volksgruppen, meist mit einer eigenen Sprache, wie Dioula oder Baoulé. Amtssprache ist Französisch, ein Erbe der Kolonialzeit.

© Isabel Stettin Moschee in Abidjan: Christen und Muslime in der Elfenbeinküste leben friedlich miteinander (Foto: Isabel Stettin)

Glaube und Religion spielen im Alltag der Ivorer eine große Rolle. Rund 40 Prozent sind Muslime, die vor allem im Norden leben. Im Süden des Landes lebt ein Großteil der 30 Prozent Christen. Viele Ivorer sind zudem Anhänger traditioneller Naturreligionen.

Geografie

7000 Kilometer liegen zwischen Deutschland und der Elfenbeinküste, die mit 322.461 Quadratkilometern ähnlich groß wie die Bundesrepublik ist. Trockene Savanne im Norden und tropischer Regenwald im Süden prägen die Landschaft. Der Norden ist ländlicher und ärmer als der Süden, wo sich der gewinnbringende Kaffee- und Kakaoanbau konzentriert.

Der erste Staatspräsident Félix Houphouët-Boigny ernannte seine Geburtsstadt Yamoussoukro 1983 zur Hauptstadt und baute dort ein Abbild des Petersdoms. Doch die Hauptstadt blieb im Schatten von Abidjan, der ehemaligen Hauptstadt der französischen Kolonie Côte d´Ivoire. Mit circa 4,3 Millionen Einwohnern ist Abidjan eine der wichtigsten Metropolen Afrikas. Regierungsbüros und Botschaften befinden sich dort, außerdem das wirtschaftliche und kulturelle Zentrum. 380 Kilometer landeinwärts liegt Bouaké. Mit circa 1,5 Millionen Einwohnern ist Bouaké die zweitgrößte Stadt und wichtiges Handelszentrum.

Wirtschaft

Nach der Unabhängigkeit von der französischen Kolonialmacht 1960 entwickelte sich die Elfenbeinküste zu einer der stärksten Wirtschaftsnationen Afrikas.

example5 Arbeiter verpacken Kakaobohnen in Bananenblättern (Foto: Isabel Stettin)

Das Land ist der bedeutendste Kakaoproduzent, mit einem Drittel Anteil an der weltweiten Ernte. 20 Prozent der Erwerbstätigen arbeiten in der Kakao-Produktion. Ihre Arbeitsbedingungen sind oft miserabel: Nach Schätzungen der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) schuften in der Elfenbeinküste bis zu 800.000 Kindersklaven auf den Plantagen.

Insgesamt leben rund zwei Drittel der Ivorer von der Landwirtschaft. Wichtige Exportgüter neben Kakao sind Kaffee, Holz und Baumwolle sowie Palmöl, Cashewkerne oder Kautschuk. Zudem verfügt das Land über zahlreiche Rohstoffe: Eisen, Gold, Diamanten und vor der Küste über Erdgas- und Erdölvorkommen.

Bürgerkrieg und Regierungskrise

example5 Demonstration von Gbagbo-Anhängern (Foto: Barnus Gbekide)

Verteilungskämpfe um Land und Arbeit, politische Machtkämpfe und ethnische Spaltungen haben immer wieder Konflikte ausgelöst. Als in den achtziger und neunziger Jahren die Weltmarktpreise für Kakao fielen, kam es zu einer wirtschaftlichen Krise und sozialen Spannungen zwischen verschiedenen Volksgruppen und Einwandern. Im Kampf um Arbeitsplätze entstand ein fremdenfeindliches Klima. Politiker befeuerten den Konflikt und instrumentalisierten die Zugehörigkeiten zu unterschiedlichen Volksstämmen, Religionen oder Nationen. Das nationalistische Identitätskonzept der „Ivoirité“ führte zur gesellschaftlichen Diskriminierung einzelner Gruppen seitens der Regierung.

2000 wurde Laurent Gbagbo Präsident. 2002 griff auch er auf das Prinzip der „Ivoirité“ zurück und entzog zehntausenden Menschen, vor allem aus dem Norden, das Wahlrecht. Ein Militärputsch, die Rebellion von Armeeeinheiten gegen Gbagbo und weitere Politiker, mündete in einem Bürgerkrieg zwischen 2002 und 2007.

Es kam zu Massenvertreibungen von Bürgern verschiedener ethnischer Gruppen. Das Land zerfiel in zwei Zonen. Der Norden war von Rebellen besetzt, die den heute amtierenden Präsident Alassane Ouattara unterstützten. Ihre Hauptstadt war Bouaké im Zentrum des Landes. Die Regierung unter Gbagbo kontrollierte den südlichen Teil.

„La Crise“

Nach fünf Jahren Krieg und drei Jahren Waffenstillstand zwischen Regierungstruppen im Süden und den Rebellen im Norden brach der Konflikt erneut aus, als 2010 der amtierende Präsident Laurent Gbagbo und Alassane Ouattara gegeneinander antraten. Ouattara gewann die Wahl mit 54 Prozent der Stimmen. Doch es gab Hinweise auf Wahlfälschungen. Gbagbo weigerte sich, seinen Posten zu räumen. Tausende Bürger demonstrierten. Bei Kämpfen zwischen Anhängern beider Lager starben in den Folgemonaten mindestens 3000 Menschen, weit mehr als 150 Frauen wurden laut „Human Rights Watch“ vergewaltigt. Allein um Abidjan gab es bis zu eine Million Binnenvertriebene.

example5 Hunderttausende Ivorer flohen während der Unruhen, teils suchten sie Zuflucht in anderen Städten, teils flüchteten sie in Nachbarstaaten, vor allem nach Liberia (Foto: Barnus Gbekide)

Französische Truppen und Rebellenverbände des international anerkannten Wahlsiegers Alassane Ouattara setzten Gbagbo im April 2011 im Präsidentenpalast in Abidjan fest. Vor dem Internationalen Strafgerichtshof in Den Haag erwartet ihn nun der Prozess, der 2015 beginnen soll.

Heute steht die Regierung von Präsident Alassane Ouattara vor der Herausforderung, die Bevölkerung zu versöhnen. Doch internationale Beobachter bemängeln, dass viele der Verbrechen und Menschenrechtsverletzungen beider Seiten ungesühnt bleiben.

Im Oktober 2015 finden die nächsten Präsidentschaftswahlen statt. Ein Wiederaufflammen des Bürgerkrieges ist internationalen Beobachtern zufolge unwahrscheinlich.

Isabel Stettin (Zeitstrahl: Pascale Müller)

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